Wirkung von Physiotherapie und Training bei Brustkrebs
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Aufgrund der zunehmenden Anzahl an Fällen, besserer Therapien und der damit verbundenen steigenden Überlebenswahrscheinlichkeit, versorgt auch die Physiotherapie immer mehr Betroffene in der Akutphase, als auch im späteren Verlauf. Dabei ist der Brustkrebs längst nicht immer die Hauptdiagnose, beeinflusst aber oftmals die Therapie.
In diesem Blogbeitrag wollen wir die Erkrankung Brustkrebs detaillierter vorstellen. Symptome, Diagnostik und die verschiedenen Therapien werden näher erklärt, aber vor allem auch die sehr guten therapeutischen Chancen und Möglichkeiten durch Physiotherapie und Training in der Brustkrebstherapie aufgezeigt.
Zahlen, Daten und Fakten zu Krebs und Brustkrebs
- In der Schweiz erkranken jedes Jahr ca. 42500 Menschen an Krebs.
- 6250 davon sind Brustkrebsfälle.
- 66% aller Krebspatientinnen und -patienten leben noch nach 5 Jahren.
- 87% aller Betroffenen mit Brustkrebs leben noch nach 5 Jahren.
- 50% aller Betroffenen mit Brustkrebs leben noch nach 15 Jahren.
Noch mehr Fakten zu Brustkrebs
- Der Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung der Frau.
- Zu 99% sind Frauen betroffen, aber mit 1% aller Brustkrebsfälle kann es auch Männer treffen.
- Wird von einem "duktalen Ca (Karzinom)" gesprochen, sind die Drüsengänge betroffen, bei einem "lobulären Ca" von den Drüsenläppchen in der Brust.
- Als beste Prävention gelten frühe Geburten bzw. Mutterschaften. Dazu wird eine Ernährung empfohlen, die reich an Hülsenfrüchten ist, viel Bewegung und ein geringer Körperfettanteil. Mütter, die ihre Kinder lange stillen, scheinen ebenfalls Vorteile zu haben.
- Das höchste Risiko tragen kinderlose Frauen. Tatsächlich haben Nonnen die grösste Gefahr an Brustkrebs zu erkranken.
- Europäische Frauen sind fünfmal häufiger betroffen, als Frauen aus Afrika und Asien. Die Gründe scheinen in den europäischen Ernährungsgewohnheiten, aber auch der teils schlechten medizinischen Versorgung in weiten Teilen Afrikas und Asiens zu liegen.
- Mind. 30% aller Betroffenen klagen über Ängste und Depressionen. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich deutlich höher.
Symptome bei Brustkrebs
- Tastbare(r) Knoten in der Brust, meist im oberen äusseren Quadranten.
- Bei Frauen unter 50 Jahren sind diese meist unbedenklich, bei Frauen über 50 Jahren meist maligner Natur.
- Gerötete Brustwarze (Morbus Paget als Frühform des Brustkrebs).
- Veränderungen in Form oder Position der Brustwarze.
- Rötungen, Falten oder Ulzerationen (Defekt) der Haut.
- Blutungen oder Absonderungen von Flüssigkeit über die Brustwarze.
- Veränderung der Brustgrösse.
- Schwellungen der Achsellymphknoten.
- Allgemeiner ungewollter Gewichtsverlust, fiebrige Temperaturen und ungewohnter Nachtschweiss.
Wie erfolgt die Diagnose Brustkrebs?
Es bieten sich verschiedene Untersuchungsmethoden an. Abgesehen vom Tastbefund als Basis der Untersuchung, werden noch Ultraschall, die Mammografie, Biopsie und schlussendlich die intraoperative Untersuchung mit Schnellschnitt zur Sicherung der Diagnose Brustkrebs genutzt.
Therapie bei Brustkrebs
Operation: Hier wird zwischen zwei Operationsmethoden unterschieden.
1.: Brusterhaltende Operation mit Entfernung des Wächterlymphknotens oder kompletter Axilladissektion (Entfernung aller Achsellymphknoten). Zwei Drittel aller Fälle werden so operiert.
2.: Mastektomie (komplette Brustentfernung) mit Entfernung des Wächterlymphknotens oder kompletter Axilladissektion. Ein Drittel aller Operationen werden so durchgeführt.
Die Art der Lymphknotenentfernung, sowie der Laborbefund geben in aller die Regel die Prognose und weitere Therapie vor.
Strahlentherapie: Zumeist von aussen erfolgende ionisierende Bestrahlung des Tumors bzw. des Tumorareals. In selteneren Fällen werden sogenannte "Seeds" in das Gewebe eingesetzt und bestrahlen dieses dann von innen. Die Bestrahlung führt zu einer Zerstörung der Zell-DNA und führt zu Brüchen und Vernarbungen dieser Strukturen. Man bezeichnet es als Zell-Apoptose ("Selbstmord"), welche die weitere Zellteilung jeder Art von Zellen im bestrahlten Gebiet verhindern soll.
Nebenwirkungen der Strahlentherapie:
- Hautrötung, Schuppung, Jucken;
- Teleangiektasien (sichtbare kleine Blutgefässe in der Haut)
- Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Fatigue;
- Depression bzw. Verstärkung einer Depression
- Schmerzen im Bestrahlungsgebiet
- Narben, Sklerosierung;
- Schluckbeschwerden
- Lymphödem
- Osteoporose
- Axillary Web Syndrome ("Cording", strangartige gutartige Vernarbung)
Chemotherapie: Wird zur Behandlung von kurativen und palliativ Betroffenen eingesetzt.
Kurative Therapien bestehen in aller Regel aus einem verschiedener Chemotherapeutika. Palliativ behandelte Menschen erhalten meist ein Chemotherapeutika. Die Chemotherapie ist eine systemische Therapieform und macht keinen Unterschied zwischen gesunden und tumorösen Zellen. das Ziel der Chemotherapie ist, die Zellteilung in tumorösen Zellen zu stoppen, bestimmte Rezeptoren zu hemmen und die für die Tumore wichtige Gefässneubildung bestmöglich zu hemmen.
Nebenwirkungen der Chemotherapie:
- Übelkeit und Erbrechen
- Appetitlosigkeit und Geschmacksstörung
- Diarrhoe (Durchfall)
- Mukositis (Schleimhautentzündungen)
- Polyneuropathie (Nervenschäden)
- Alopezie (Haarausfall)
- Knochenmarksdepression
- Kardiomyopathien (Herzschäden)
- Lungenschäden
- Leber- und Nierenschäden
Hormontherapie: Einsetzbar bei "hormonsensitiven" Tumoren. Das sind Tumore, deren Zellen auf bestimmte Hormone reagieren. Diese Reaktion versucht man mit speziellen Medikamenten therapeutisch auszunutzen.
Östrogene sind wachstumsstimulierend für die Brust, verstärken aber auch das Tumorwachstum. Daher werden entweder Anti-Östrogene oder Androgene (männliche Wachstumshormone) gegeben oder, speziell bei jungen Frauen, die Ovarien entfernt.
Insgesamt hat die Hormontherapie weniger Nebenwirkungen als die Chemotherapie, kann aber durch die Androgene zur verstärkten Ausprägung männlicher Merkmale, wie einer tieferen Stimme und Gesichtsbehaarung, führen. Ebenso ist das Sexualverlangen gesteigert, was besonders bei Singles problematisch werden kann.
Das bekannteste Anti-Östrogen ist das "Tamoxifen". Ein recht nebenwirkungsarmes Androgen.
Bitte beachten Sie, dass Östrogene die Bildqualität einer Mammografie verschlechtern können. Daher sollte dieses Hormon rechtzeitig vor solch einer Aufnahme abgesetzt werden. Dieses aber bitte immer in ärztlicher Absprache.
Die Hormontherapie weisst weniger Nebenwirkungen als die Chemotherapie auf. Aber ein paar sind es dann leider doch:
- Hitzewallungen
- Fatigue
- Osteoporose
- Gewichtszunahme
- Trockene Schleimhäute
- Thrombosen
- Wucherungen an der Uterusschleimhaut
- Muskel- und Gelenkbeschwerden
Immuntherapie: Künstlich hergestellte Antikörper sollen bestimmte Tumorarten bekämpfen. Aktuell werden sie vor allem bei Brustkrebs, Lymphomen und Darmkrebs eingesetzt. Bei Brustkrebs wird das Medikament "Herceptin" eingesetzt. Dessen Abgabe wird meistens mit einer Chemotherapie kombiniert und ist limitiert auf die Therapie von sogenannten HER2-positiven Tumoren. "HER2" steht für einen bestimmten Rezeptor auf der Tumoroberfläche und hat leider oftmals keine günstige Prognose.
Vielfache Wirkungen von Physiotherapie und Training
Die positive Wirkung von aktiver Physiotherapie und Training in der Behandlung krebskranker Menschen festigt sich in der Wissenschaft zunehmend und hat sich als fester und relevanter Baustein im Therapieprozess der modernen Krebstherapie etabliert.
In der Behandlung des "Chronic-Fatigue-Syndroms" zeigt moderates Ausdauertraining die besten Ergebnisse. Detaillierte Trainingsempfehlungen finden Sie in unserem Blogartikel "Fatigue bei Krebs - Symptome, Diagnose und Therapie".
Die Kachexie ist für viele Betroffene ein weiteres wichtiges und stark limitierendes Problem in der Krebsbehandlung. Dabei kommt es zu einer Störung des Metabolismus, mit einem deutlichen Verlust an Fett- und Muskelmasse, erhöhten Entzündungsparametern im Blut und einem deutlichen, ungewollten Gewichtsverlust.
Leider finden sich noch keine ursächlich wirkenden Therapien für die Kachexie, aber es hat sich auch hier gezeigt, dass gezieltes Kraft- und Ausdauertraining einen positiven Einfluss haben kann. Hier fehlen uns aber noch wissenschaftlich fundierte und überprüfte Trainingsleitlinien bzw. -vorgaben.
Viele Brustkrebspatientinnen klagen über Schulterbeschwerden nach der Operation und Strahlentherapie. Diese Therapien können innert der ersten beiden Jahre nach dem Therapiestart Vernarbungen, Bewegungseinschränkungen, Schmerzen an der Schulter und eine Muskelschwäche auf der betroffenen Seite verursachen. Besonders Schmerzen und Funktionseinschränkungen können selbst noch sieben Jahre nach dem Therapiestart beginnen und die Lebensqualität der Betroffenen einschränken.
Was ist diesbezüglich wissenschaftlich gut untersucht und hat sich als empfehlenswert erwiesen?
Als effektivste Therapie von Schulterschmerzen nach Brustkrebs hat sich tatsächlich die offene Ansprache von Sorgen und Ängsten bzgl. der Armnutzung erwiesen. Wenn diese Themen direkt angesprochen und die Fragen der Betroffenen nachvollziehbar erklärt und beantwortet werden und Betroffene zugleich dazu motiviert werden den betroffenen Arm im Alltag bestmöglich zu nutzen, ergab das die besten Resultate bzgl. Schmerz, Funktion und sogar Beweglichkeit.
Krafttraining zeigte ebenso positive Effekte und kann als sicher und effektiv empfohlen werden. Ganz im Gegensatz zu Manueller Therapie und Massage. Darauf kann bei dieser Erkrankung verzichtet werden. Sie bringen beide zu wenig.
Eine weitere, besonders gefürchtete, Nebenerscheinung ist das Armlymphödem. Ausgelöst durch Operation und Bestrahlung entwickeln leider einige Betroffene im Laufe der Zeit eine Schwellung am Arm der betroffenen Seite. Dieses zeigt sich in der Regel durch die besagte Schwellung mit Schmerz oder Spannungsgefühl und einer eingeschränkten Beweglichkeit des Armes und teilweise auch der Hand.
Was kann man präventiv machen, um ein Armlymphödem zu verhindern? Krafttraining!
Ein gezieltes Krafttraining, welches den betroffenen Arm explizit beinhaltet, hat sich als effektivste Methode erwiesen, ein Armlymphödem bei Brustkrebs zu verhindern. Sollte sich bereits ein Armlymphödem entwickelt haben, kann und sollte auch trainiert werden, da ein Krafttraining keinen negativen Einfluss auf das Ödem hat.
Gibt es noch mehr Gründe für ein gezieltes Ausdauer- und Krafttraining bei Krebs und bei Brustkrebs im speziellen?
Ja, die gibt es!
- Es kann für die Stabilisierung in einer psychosozial belasteten Situation sorgen.
- Es verbessert die Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit.
- Es verbessert die Beweglichkeit, die Kraft und allgemeine Belastbarkeit.
- Verringerung der Fatigue.
- Verringerung der Nebenwirkungen der Chemotherapie.
- Das Training wirkt präventiv auf Sekundärerkrankungen.
- Verringerung der Todesfälle um ca. 34%, besonders bei hormonrezeptor-positiven Tumoren.
- Rezidivreduktion um bis zu 24%, einzig durch vermehrte Bewegung.
Was ist die onkologische Rehabilitation?
Die onkologische Rehabilitation beschreibt in aller Regel die multidisziplinäre Zusammenarbeit von Fachpersonen aus der Medizin, Physiotherapie, Sportwissenschaft/Leistungsdiagnostik, Psychologie, Ernährungswissenschaft und Sozialarbeit.
Sie dient der Überwindung von krankheits- oder therapiebedingten körperlichen und seelischen Einschränkungen und sollte individuell auf die jeweils betroffene Person ausgerichtet sein.
Die onkologische Rehabilitation wird in der Schweiz in ambulanten und stationären Settings angeboten. Nähere Informationen zur onkologischen Rehabilitation in der Schweiz erfahren Sie bei Ihrer behandelnden Onkologin oder ihrem Onkologen und bei der www.krebsliga.ch.
Genaue Empfehlungen zur Trainingstherapie bei Krebs gibt es in Kürze in einem separaten Blogbeitrag.
Zusammenfassend gesagt, Physiotherapie und Training verbessern die körperliche Belastbarkeit, verringern die Nebenwirkungen und steigern nachweislich die Überlebenswahrscheinlichkeit bei krebskranken Menschen.
Das ist doch Motivation genug!
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